Erwin Rüddel MdB

Erwin Rüddel: Impfen und boostern, neue Medikamente nutzen und über die Ausweitung gruppenbezogener Impfpflichten entscheiden!

Absage an eine allgemeine Impfpflicht und Kritik an Lauterbach und Bundeskanzler Scholz

Berlin / Region. - Der heimische CDU-Gesundheitspolitiker Erwin Rüddel hat erneut deutliche Vorbehalte gegen eine allgemeine Impfpflicht angemeldet und in diesem Zusammenhang auch den neuen Gesundheitsminister Lauterbach und Bundeskanzler Scholz kritisiert. Angesichts fehlender Daten und einer chaotischen Lage in den Gesundheitsämtern sprach der Bundestagsabgeordnete von einem „Blindflug“ im Gesundheitssystem, der dringend beendet werden müsse. Derzeit fehlten alle Voraussetzungen für eine allgemeine Impfpflicht in Deutschland.

Hier die Stellungnahme von Erwin Rüddel im Wortlaut:

Statt für eine allgemeine Impfpflicht plädiere ich dafür, die „einrichtungsbezogenen“ Impfpflichten schrittweise zu erweitern, zunächst etwa auf Polizei und Sicherheitskräfte, und darauf aufbauend auf Schulen und KiTas, auf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der sog. „kritischen Infrastruktur“ sowie auf besonders vulnerable Altersgruppen.

Denn markige Forderungen nach genereller Impfpflicht bieten nur scheinbar einen Ausweg aus dem Dilemma, dass die Impfquote hierzulande noch immer zu gering ist.

Wir müssen stattdessen
•    die gegenwärtige Impf- und Booster-Kampagne stärken,
•    die Chancen der neuen Protein-Impfstoffe und der wirkungsneuen Medikamente gegen schwere Verläufe nutzen und
•    wir müssen konkret über die Ausweitung gruppenbezogener Impfpflichten entscheiden.

Eine allgemeine Impfpflicht, gegen die die einen auf die Straße gehen und die anderen sich über Bußgelder ‚freikaufen‘, wird uns nicht wirklich weiterbringen.

Zumal sich noch andere Fragen stellen:
•    wie sollen Kontrollen und die Ahndung von Verstößen in der Praxis funktionieren?
•    haben wir nicht schon jetzt große Schwierigkeiten, beschlossene Regeln auch konsequent umzusetzen?

Vor allem aber:

Wer „allgemeine Impfpflicht“ sagt, muss auch „zentrales Impfregister“ sagen! Und wer zentrales Impfregister sagt, der muss sich u.a. auch den ungeklärten Fragen des Datenschutzes stellen!

Und wer sieht, wie es um die Kontaktnachverfolgung in der Pandemie durch den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) in der Realität steht, der sollte noch einmal in aller Ruhe darüber nachdenken, wie sinnvoll die Forderung nach einer allgemeinen Impfpflicht ist.

Wichtige Daten fehlen, Kontaktnachverfolgung ist gescheitert

Vor mehr als einem Jahr haben Bund und Länder mit dem „Pakt für den ÖGD“ vier Milliarden Euro speziell zur Digitalisierung der Gesundheitsämter zur Verfügung gestellt. Das Scheitern der COVID-19-Kontaktnachverfolgung bei verfügbarer Technik ist unbegreiflich. Die für den ÖGD zuständigen Bundesländer müssen hier endlich ihre Hausaufgaben erledigen, und das heißt: die Gesundheitsämter voll digitalisieren und vernetzen!

Der Blindflug, in dem wir uns gegenwärtig in der Corona-Politik befinden, ist beängstigend. Wenn selbst der neue Gesundheitsminister einräumt, dass er die  Pandemielage in Deutschland aufgrund fehlender Daten derzeit nicht einschätzen kann – und die Öffentlichkeit auf Januar vertröstet - , dann läuft etwas grundsätzlich falsch.

Im Grunde handelt es sich um das Eingeständnis des Ministers, dass er in der aktuellen Lage keinen Plan hat, denn nichts anderes bedeutet es, wenn Lauterbach zwar von der „Dynamik“ des Infektionsgeschehens spricht, aber gleichzeitig feststellt, dass er über keinerlei valide Zahlen verfügt.

Trotzdem fordern Lauterbach und der Bundeskanzler öffentlich eine allgemeine Impfpflicht. Die akute Hilf- und Ratlosigkeit sowie das Stochern im Daten-Nebel durch solcherart verbale Kraftmeierei überspielen zu wollen, ist allerdings höchst fragwürdig – das Unbehagen daran kommt übrigens auch im Minderheitenvotum des Deutschen Ethikrats deutlich zum Ausdruck.

Deshalb noch einmal:

Bevor wir uns mit plakativen Forderungen auf ein verfassungsrechtlich, ethisch und organisatorisch durchaus problematisches Terrain begeben, sollten wir die dringendste Hausaufgabe angehen:

•    wir brauchen endlich eine systematische digitale Vernetzung in unserem Gesundheitssystem. Wir brauchen sie JETZT. Die Technik ist vorhanden.

Und was die allgemeine Impfpflicht angeht: Nach meiner Kenntnis gibt es eine Impfpflicht für die gesamte erwachsene Bevölkerung eines Landes weltweit bislang nur in Tadschikistan, in Turkmenistan sowie im Vatikan.

Last but not least: Wer ohne Einschränkungen eine allgemeine Impfpflicht in Deutschland fordert, sollte auch an die Folgen für den gesellschaftlichen Frieden in unserem Land denken.