Verschärfung der IED-Richtlinie gefährdet Industriebetriebe und die Landwirtschaft
Berlin / Brüssel / Region. - „Die Europäische Union verhandelt derzeit über die Novellierung der Industrieemissionsrichtlinie (IED), die Regelungen zum Betrieb, zur Überwachung und zur Stilllegung von Industrieanlagen beinhaltet. Ziel ist die Umweltverschmutzung durch Industrieanlagen zu verringern. Die EU-Kommission schlägt in ihrem Entwurf dem Europäischen Parlament und dem Europäischen Rat vor, die IED-Bestimmungen für Industrie und Landwirtschaft drastisch zu verschärfen. Das hätte auch erhebliche Auswirkungen in meinem Wahlkreis“, teilt der heimische CDU-Bundestagsabgeordnete Erwin Rüddel mit.
Wie der Parlamentarier weiter anmerkt, fallen aktuell rund 9.000 Industrieanlagen in Deutschland (52.000 in Europa) unter die Bestimmungen der Richtlinie. Zukünftig werden deutlich mehr Unternehmen eine Genehmigung nach IED benötigen. Insgesamt werden nach dem Vorschlag der Kommission 185.000 Betriebe in Europa künftig zusätzlich in den Anwendungsbereich der IED-Richtlinie fallen. Zahlreiche Betriebe würden keine Genehmigung für den Weiterbetrieb oder diese nur mit erheblichen finanziellem und bürokratischem Aufwand erhalten.
„Mit den geplanten Verschärfungen durch die Richtlinie wird eine schleichende Deindustrialisierung in Deutschland, was sich auch in meinem Wahlkreis negativ bemerkbar machte, massiv befördert. Das müssen wir verhindern“, konstatiert Rüddel und ergänzt, dass die Unionsfraktion im Deutschen Bundestag bereits im Bundestagswahlkampf auf allen Ebenen betont hat, ein klimaneutrales Industrieland werden zu wollen: „Aber die Transformation geht nur mit einer leistungsfähigen Industrie und Landwirtschaft.“
Gemeinsam mit der Wirtschaft wolle man weiterhin an Verbesserungen bei den Industrieemissionen arbeiten. „Nicht gegen die Wirtschaft und unsere regionale Landwirtschaft. Die Richtlinie hat enorme Auswirkungen auf erforderliche Investitionen zur Nachrüstung der Betriebe. Damit bindet sie Finanzmittel, die für andere Maßnahmen, wie wirtschaftliche Transformation oder die Verbesserung des Tierwohls in der Landwirtschaft dringend erforderlich wären“, betont der Bundestagsabgeordnete.
Er weist ferner darauf hin, dass Ende April in Berlin, auf Einladung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, eine Expertenanhörung zur geplanten IED-Verschärfung stattfand. Dabei, so Rüddel, betonten alle Redner vom Verband der chemischen Industrie, dem Deutschen Bauernverband, dem Bund der Deutschen Industrie und der Gewerkschaft IGBCE, dass eine Verschärfung der Genehmigungsverfahren massive Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit von Industrie und Landwirtschaft habe. Ein konkretes Beispiel: Im Agrarbereich soll der in Großvieheinheiten (GVE) gemessene IED-Schwellenwert von 600 auf 150 reduziert werden.
Dazu der heimische CDU-Bundestagsabgeordnete: „Dieser Wert ist fachlich und politisch nicht zu rechtfertigen. Mit einem Schlag wären über 22.000 landwirtschaftliche Betriebe in Deutschland, unter denen auch einige in meinem Wahlkreis, plötzlich von der IED betroffen. Das entspricht einer Verachtfachung der bisherigen Anzahl der Betriebe.“
Auch der im Rahmen der Diskussion von Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir vorgeschlagene Schwellenwert von 300 GVE sei nicht zu rechtfertigen: „Denn auch dieser Vorschlag geht an der landwirtschaftlichen Praxis und Wirklichkeit vorbei.“ Der Minister gefährde damit kleinere und mittlere Betriebe, die sich die neuen Auflagen und Nachrüstpflichten, die mit hohen Kosten einhergehen, nicht leisten können. Die Novellierung stehe in der Landwirtschaft den Bestrebungen der Bundesregierung nach mehr Tierschutz durch die Notwendigkeit einer Abluftanlage, die nur in geschlossenen Ställen funktionieren kann, entgegen. Für die Tierhaltungsstufen 3 und 4 werden hingegen offene Ställe benötigt.
Die vorgeschlagenen Änderungen der Industrieemissionsrichtlinie führten ebenfalls dazu, dass aufgrund der Festsetzung der zulässigen Emissionswerte am unteren Rand der jeweils besten verfügbaren Technik (BVT-Bandbreite) keine einzige Anlage in Deutschland eine reguläre Genehmigung erhalten würde: „Für den Erhalt der dann für den Weiterbetrieb notwendigen Sondergenehmigungen müssen die Betreiber jeden einzelnen abweichenden Wert gegenüber der zuständigen Genehmigungsbehörde begründen. Die Genehmigungsverfahren werden sich dadurch stark verlängern.“
Auch die Ausweitung um umfangreiche Umweltmanagementsysteme und Chemikalienmanagementsysteme hätten weitere Verlängerungen der Genehmigungsverfahren zur Folge. „Ohne eine klare Positionierung Deutschlands gegen diese drastischen Verschärfungen wird diese Novellierung in Brüssel voraussichtlich beschlossen werden“, bekräftigt Erwin Rüddel mit dem Hinweis, dass im EU-Parlament bereits mehr als 1.700 Änderungsanträge eingegangen sind, die in den Ausschüssen für Umwelt und Landwirtschaft verhandelt werden.