Digitalpolitik im Gesundheitswesen: Existenziell für eine gute Flächenversorgung in der Zukunft!
Berlin / Region. – Die digitale Transformation gehört zu den zentralen Aufgaben für ein zukunftsfestes Gesundheitssystem. Die demografische Entwicklung der Gesellschaft und der Fachkräftemangel erfordern eine schnelle Umsetzung der Digitalisierung. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hatte zu Beginn der selbst ernannten Fortschrittskoalition von SPD, Grünen und FDP erklärt, die weitere Digitalisierung des Gesundheitswesens voranbringen zu wollen. Zum Ende seiner Amtszeit zeige sich jedoch eine digitalpolitische Bilanz mit Licht und Schatten, resümiert der Berichterstatter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Digitalisierung im Gesundheitswesen, Erwin Rüddel: „Von den im Koalitionsvertrag und der Digitalstrategie der Bundesregierung angekündigten Digitalprojekten hat das Ministerium laut der Analyse des Branchenverbandes Bitkom nur etwas mehr als die Hälfte umgesetzt. Aber gerade die zentralen Vorhaben, die wirklich entscheidend wären, stocken oder blieben in Ansätzen stecken", so der Gesundheitspolitiker.
Dabei habe Minister Lauterbach ein digitalpolitisch gut gerüstetes Gesundheitsministerium übernommen. Sein Amtsvorgänger hatte die Digitalisierung des Gesundheitswesens zur Chefsache erklärt und dafür eigens eine Abteilung für Digitalisierung gegründet. Diese Weichenstellungen hatten die Jahre des digitalen Schneckentempos im Gesundheitswesen beendet und unter anderem die elektronische Patientenakte – die Basis der modernen digitalen Patientenversorgung – auf den Weg gebracht. Rüddel merkt an: „Karl Lauterbach hat die digitalpolitischen Vorhaben erst spät in seiner Amtszeit angefasst. Nach mehr als zwei Jahren Amtszeit, Anfang 2024, wurden schließlich zwei digitalpolitische Gesetze für das Gesundheitswesen im Deutschen Bundestag verabschiedet. Die digitalpolitischen Fortschritte Lauterbachs lassen sich maßgeblich auf diese beiden Gesetze zurückführen. Darüber hinaus hatte das Bundesgesundheitsministerium einzelne Inhalte mittels Rechtsverordnungen konkretisiert. Ein drittes Gesetz, um bei der digitalen Transformation des Gesundheitswesens nachzusteuern und dafür die Gesellschaft für Telematik zu einer steuernden Digitalagentur Gesundheit auszubauen, konnte der Minister nicht durch den Bundestag bringen. Seine auch von den Sachverständigen in der Anhörung massiv kritisierten Pläne zur Digitalagentur scheiterten bereits in der Ampel, die seinen Gesetzesentwurf als nicht zustimmungsfähig ablehnte."
Dabei sei die Zielrichtung der beiden verabschiedeten Digitalgesetze des Ministers grundsätzlich positiv, findet der Abgeordnete, an wichtigen Stellen blieben die Reformen jedoch hinter den Erwartungen zurück. So sei es lobenswert, dass Lauterbach die elektronische Patientenakte seines Amtsvorgängers flächendeckend in die Versorgungspraxis integriert habe. Andererseits hätte er die „elektronische Patientenakte für alle“ auch verpflichtend und barrierearm auf den Bereich der Privaten Krankenversicherung ausweiten müssen. Nun würden privat Krankenversicherte erst später oder gar nicht von den Vorteilen der elektronischen Patientenakte profitieren können.
Darüber hinaus sei die elektronische Patientenakte als Anwendung über die Telematikinfrastruktur konzipiert, welche als Datenautobahn für das digitale Gesundheitswesen die wohl größte Baustelle sei, die der scheidende Bundesgesundheitsminister unvollendet hinterlasse. „Pflegeeinrichtungen und Hebammenbüros sollten dieses Jahr an die Telematikinfrastruktur angebunden werden, doch bisher sind kaum Fortschritte zu erkennen. Dabei zeigen die jüngsten Hiobsbotschaften der sozialen Pflegeversicherung, dass der Handlungsdruck in Sachen effizienter Pflegeversorgung hoch ist", kritisiert Rüddel. Von der freiwilligen Anbindung von Reha- und Vorsorgeeinrichtungen an die Telematikinfrastruktur wolle er erst gar nicht anfangen, denn die sei komplett gescheitert, das wisse auch der Bundesgesundheitsminister. Erwin Rüddel hätte sich hier deutlich mehr Einsatz von Karl Lauterbach gewünscht: „Ohne eine reibungslose Anbindung aller Leistungserbringer bleiben die Versprechen effizienter Versorgung und eines verbesserten Datenaustauschs reine Theorie. Es wäre wünschenswert gewesen, wenn Karl Lauterbach früher und entschiedener in den zentralen Bereichen digitaler Versorgung – der Telematikinfrastruktur und der elektronischen Patientenakte – vorangekommen wäre", resümiert Erwin Rüddel.
Ein weiteres Mammutprojekt sei der sogenannte „Datenraum Gesundheit", der in Zusammenarbeit mit anderen EU-Staaten entstehen solle. Ziel sei es, beispielsweise elektronische Rezepte auch im EU-Ausland einzulösen und die grenzüberschreitende Forschung zu erleichtern. „Solche Vorhaben sind ambitioniert und erfordern umfangreiche Verhandlungen auf europäischer Ebene. Das werde nun sein Nachfolger übernehmen müssen", merkt der Gesundheitspolitiker an.
Digitalpolitische Maßnahmen gerade im Bereich der Pflege sind nicht abgeschlossen worden, die aus Sicht des Gesundheitspolitikers klar weiterer Umsetzung bedürfen. „Seit drei Jahren gibt es eine gesetzliche Grundlage, dass Pflegebedürftige, pflegende Angehörige oder Pflegefachkräfte durch digitale Pflegeanwendungen unterstützt werden können. Dennoch ist bis heute keine einzige digitale Pflegeanwendung im Verzeichnis gelistet und somit auch nicht für die Menschen verfügbar. Ohne konsequente Digitalisierung ist das Gesundheitssystem nicht auf dem heutigen guten Niveau zu halten. Wir brauchen zügig weitere Digitalgesetze. Das muss ein Schwerpunkt der Gesundheits- und Pflegepolitik der nächsten Wahlperiode sein“, so Erwin Rüddel abschließend.